?Es ist unverantwortlich, wie wenig Deutschland für Bildung ausgibt?

?Es ist unverantwortlich, wie wenig Deutschland für Bildung ausgibt?
14.02.08
Dialog in Grafenberg: Der Duisburger Schuldirektor Peter-Michael Minnema über die Schulpolitik in Zeiten von PISA.

Eine Schule sollte den Kindern nicht nur eine gute Ausbildung bieten, sondern ?auch einen Wertekanon vermitteln, der ihnen hilft, ihr späteres Leben sinnvoll zu gestalten.? Diese Auffassung vertrat Peter-Michael Minnema, Direktor des Steinbart-Gymnasiums in Duisburg, auf einer Veranstaltung der Reihe ?Dialog   in Grafenberg?. Zu den grundlegenden Kompetenzen, die Kinder in der Schule lernen sollten, gehören neben Fachwissen und Werten auch die ?Identifikation mit persönlichen Stärken?;  dazu zählt für Minnema Durchhaltevermögen und das Verfolgen von Interessen.

Der Vorsitzende des Katholikenrates Düsseldorf sprach am 13. Februar 2008 vor rund 50 Teilnehmern im Pfarrsaal von St. Ursula über das ?Schulsystem NRW ? Entwicklung und Perspektiven.? Minnema referierte über die ?rasante Veränderung? der Schule in den vergangenen sechs Jahren. Ausgangspunkt für die Reformen war das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler in der Vergleichsstudie PISA im Jahr 2000: Sowohl bei der mathematischen, der naturwissenschaftlichen als auch der Lese-Kompetenz landeten die deutschen Kinder im Mittelfeld der beteiligten Länder.

Ein Grund dafür, führte der 52-Jährige aus, seien die zu geringen Bildungsausgaben in Deutschland. So liegt die Bundesrepublik bei den Bildungsausgaben pro Kopf des Schülers im Vergleich mit den europäischen OECD-Ländern an drittletzter Stelle vor Griechenland und Portugal. ?Ich halte es für unverantwortlich, wie wenig Deutschland in Bildung investiert?, sagte Minnema, ?das kann nicht im allgemeinen Interesse liegen?. 

Die Politik in Nordrhein-Westfalen hat auf PISA mit einer Reihe von Reformen reagiert: Es wurden kompetenzorientierte Kernlehrpläne, eine Reihe von zentralen Prüfungen sowie eine Qualitätsanalyse eingeführt. An den Gymnasien wurde die Schulzeit auf acht Jahre (G8) gestrafft. Das hat im Schulalltag zu einigen Verwerfungen geführt. So findet es der Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik problematisch, dass ?die kreativen Fächer in einer Schule, in der alles messbar sein muss, zurückgedrängt werden?.  Minnema: ?Die persönliche Entwicklung der Schüler ist  wichtig, nicht nur Effektivität und Einsatz?.

Die Folgen von G8 für Schule und Kinder bekommt der Direktor von rund 1200 Duisburger Schülern täglich zu spüren. Um den Lernstoff in der verkürzten Zeit zu schaffen, muss der Unterricht auf den Nachmittag ausgeweitet werden. Doch kaum eine Schule hat die finanziellen und personalen Ressourcen für eine anständige Organisation der Mittagspause wie etwa ein Mensa-Angebot.   Minnema: ?Man kann über eine Straffung der Schulzeit nachdenken, man hätte aber vor der Einführung dafür sorgen müssen, dass die Voraussetzungen stimmen.?

Zuletzt richtete Minnema einen Appell an die Wirtschaft, beim Thema Schule nicht ausschließlich auf Effektivität und ?Fachidioten? zu setzen: ?Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft später Fortbildungen in Kunst und Philosophie anbieten muss, um geeignete Führungskräfte zu finden.?

(Annette Rueß)   

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